Rund um den Hutturm

Bürgerbrief  Nr. 80

März 2003

Inhalt

Walsdorfer Ergebnisse zur Landtagswahl am 2.2.2003

Aktuelles vom Bürgerverein
Jahreshauptversammlung des Bürgervereins

Veranstaltungstermine des Bürgervereins für 2003:

Die Ochs – Düssell´sche – Stiftung

Frühjahrswanderung

Herausgeber: Bürgerverein Walsdorf e.V.

 

 

 

 

 

 

 

 

Walsdorfer Ergebnisse zur Landtagswahl am 2.2.2003

 Der Bürgerverein hatte am 15. Januar 2003 die Direktkandidaten des Wahlkreises 28 zur Landtagswahl am 2.Februar 2003 ins Dorfgemeinschaftshaus eingeladen. Rund 60 Zuhörerinnen und Zuhörer waren der Einladung gefolgt und ließen sich aus erster Hand über die Ziele ihrer Parteien informieren. Es sprachen für die CDU Peter Beuth, für die SPD Benno Pörtner, für das Bündnis 90/Die Grünen Dr. Peter Seel und für die FDP Stefan Müller.

Die Ergebnisse von 1999 und 2003 im Vergleich

 

02.02.2003

07.02.1999

Wahlberechtigte

1140

1137

Briefwähler

92

70

abgebene Stimmen

(ohneBriefwahl)

771 = 67,6%

 

772 = 63,5%

1.

Stimme

%

2.

Stimme

%

1.

Stimme

%

2.

Stimme

%

CDU

413

54,1

393

51,4

321

45,1

334

46,8

SPD

252

33,0

231

30,2

293

41,2

266

37,3

B90/Grüne

67

8,8

79

10,3

57

8,0

57

8,0

FDP

31

4,1

45

5,9

22

3,1

23

3,2

REP

0

0

3

0,4

13

1,8

14

2,0

Sonstige

0

0

14

1,8

5

0,7

19

2,7

Ungültige

8

1,0

6

0,8

11

1,5

9

1,2

Betrachtung der Erststimmen:

Beide Kandidaten, die die Chance hatten, das Direktmandat des Wahlkreises zu gewinnen, erreichten knapp 3 % mehr Stimmen für sich als für ihre Parteien abgegeben wurden, Peter Beuth 2,7 % und Benno Pörtner 2,8 %. Die Direktkandidaten von Bündnis 90/Die Grünen und der FDP landeten auch bei dieser Wahl weit abgeschlagen auf den Plätzen 3 und 4.
Eine Reihe von Wählern haben ihre Stimme gesplittet. Es gaben 21 Wähler des SPD Kandidaten und 20 des CDU Kandidaten ihre Zweitstimme einer anderen Partei. Die FDP konnte 14, das Bündnis 90 / Die Grünen 12 Zweitstimmen mehr verbuchen als für die Direktkandidaten abgegeben wurden. Die Zweitstimmenkampagne der FDP zeigte also so gut wie keine Wirkung. 

Betrachtung der Zweitstimmen:

Die CDU verbesserte sich um 4,6 % auf 51,4 % und erreichte damit die absolute Mehrheit der Stimmen. Auch die FDP und die Grünen gewannen Stimmen; 2,7 % die FDP und 2,3 % die Grünen.
Die Verliererin der Wahl war wie im ganzen Land auch hier die SPD. Sie büßte 7,1 % ein. Die übrigen 10 Parteien konnten lediglich 17 Stimmen auf sich vereinigen. Das sind 2,2 %.

Vergleich der Walsdorfer Ergebnisse mit denen der Gesamtstadt:

Die CDU erreichte mit 51,4 % annähernd das gleiche Ergebnis wie in Idstein.
Die SPD schnitt 4,6 % Punkte besser ab als in Idstein.
Die Grünen lagen 1,1 und die FDP 2,1 % unter dem Idsteiner Ergebnis.

Helmuth Leichtfuß

 

 

Aktuelles vom Bürgerverein
Jahreshauptversammlung des Bürgervereins

Die Jahreshauptversammlung des Bürgervereins Walsdorf e.V. fand am 18.01. 2003 im evangelischen Gemeindehaus statt. Es erschienen 24 Mitglieder. Der Vorsitzende Manfred Gruber und die Sprecher der Arbeitskreise berichteten über die Vereinsaktivitäten im vergangenen Jahr.
Helmuth Leichtfuß - Sprecher des Aktuellen Arbeitskreises - teilte mit, dass sich dieser Arbeitskreis zehnmal getroffen hat. Schwerpunkte der Arbeit waren unter anderem die Vorbereitung des Spezialitätenessens, der Wanderung zu den Ockergruben, des Gassenfestes, des Allparteienabends zur Bundestagswahl und des 25 jährigen Jubiläums des Bürgervereins.
Dieses Fest war der Höhepunkt des Vereinsjahres und wurde von Mitgliedern und geladenen Gästen mit einem fröhlich - festlichen Abend gefeiert.
Im Rahmen dieses Jubiläums fand am Buß- und Bettag in der Christuskirche im Anschluss an eine Andacht ein Vortrag über die Ochs - Düssel - Stiftung statt, aus der die farbigen Kirchenfenster im Chor stammen, wie der Referent Helmuth Leichtfuß erklärte. Während des Vortrags wurden die Fenster von außen durch die Scheinwerfer der FFW - Walsdorf dankenswerterweise erhellt, so dass die Motive innen erkennbar waren.
Samstags darauf wurde eine Ausstellung von „Schönen Handschriften aus Walsdorfer historischen Urkunden und Büchern " gezeigt und von Helmuth Leichtfuß erläutert. Beides wurde von den Besuchern sehr gut aufgenommen.
Der Sprecher des Foto-Arbeitskreises Erich Roth berichtete, dass von den Mitarbeitern Bildmaterial gesichtet, geordnet und neu katalogisiert wurde. Dieser Arbeitskreis beabsichtigt, Bilder aus der Heimat der Vertriebenen, die nach dem 2. Weltkrieg in Walsdorf ansässig geworden sind, zu sammeln, zu kopieren und diese Kopien mit Erläuterungen zu archivieren. Man hofft sehr, dass solche Bilder von den betreffenden Personen zur Verfügung gestellt werden.
Wie der Sprecher des Historischen Arbeitskreises Werner Janzing berichtete, wurden auch hier Materialien gesichtet und Inhaltsverzeichnisse unter verschiedenen Sachgebieten angelegt, eine Datenbank erstellt und eine historische Karte von Walsdorfs Ortskern entwickelt.
Nachdem der Kassierer Uwe Rohnstock den Kassenbericht per 31. 12. 2002 vorgelegt und erläutert hatte, bestätigten die Kassenprüfer Eberhard Munsch und Rolf Preußer eine überaus korrekte Kassenführung und beantragten die Entlastung des Vorstands. Diese wurde einstimmig bei eigener Enthaltung der Vorstandsmitglieder gewährt.
Der Kassierer gab außerdem einen detaillierten Abrechnungsbericht über das Bildbandprojekt „100 Jahre Walsdorf im Bild", der sehr positiv ausfiel.
In dem Haushaltsplan, den der Kassierer vorlegte und erläuterte, ist auch wieder die Bewertung des Blumenschmucks im alten Ortskern vorgesehen. Neu aufgenommen wurde die finanzielle Beteiligung des Bürgervereins mit einer Spende von 500 Euro an dem Projekt der Universität Frankfurt/Main „Vorgeschichtliche Besiedlung in der Idsteiner Senke". Der Haushaltsplan wurde einstimmig genehmigt.
Insgesamt konnten die Vereinsmitglieder eine positive Leistungsbilanz für das Jahr 2002 ziehen, zumal der Verein acht neue Mitglieder verzeichnen kann und der Beitrag bei 8 Euro bleibt.
Es wäre schön, wenn wir auch in diesem Jahr neue Mitglieder im Bürgerverein Walsdorf e.V. begrüßen könnten.
An unserm Verein Interessierte können sich an Helmuth Leichtfuß 06434/8563 oder Manfred Gruber 06434/6330 wenden.

Monika Kiesau

 

Veranstaltungstermine des Bürgervereins für 2003:

22.03. Spezialitäten-Essen,

18.05. Frühjahrswanderung,

15.06. Gassenfest,

26.10. Beteiligung mit einem Wagen am Kerbezug und

15.11. Spanferkel-Essen.

 

 

Die Ochs – Düssell´sche – Stiftung

Im Rahmen der Veranstaltungen des Bürgervereins zu seinem 25 jährigen Jubiläum wurde am Abend des 20.November über die Ochs-Düssel`sche Stiftung berichtet, die im Jahre 1902 errichtet worden war. Als Veranstaltungsort wurde die Walsdorfer Kirche gewählt, weil die Buntfenster im Chor unserer Kirche neben den Stiftungsurkunden und der Gedenktafel im Sprechzimmer der Stadtverwaltung im Feuerwehrgerätehaus das einzige sind, was noch an den Stifter erinnert. Verkürzt und nicht ganz korrekt wird Landgerichtsrat Hermann Düssel als Stifter der Buntfenster angegeben. Nach seinem Willen sollte die Stiftung aber Ochs Düsselsche Stiftung heißen, weil sie aus dem Vermögen der Eheleute Wilhelm Düssel und Henriette, geb. Ochs, gespeist wurde.

Die Schenkung der Kreuzigungsgruppe und der Kanzel durch Dorothea Ochs 1658

Wenn der Familienname Ochs in der Kirche fällt, ist zuerst an Maria Dorothea Ochs zu erinnern, die der Kirche in Walsdorf 1658 die Kreuzigungsgruppe und die Kanzel schenkte.
Diese Schenkung ist im Zusammenhang mit der Finanzierung des Wiederaufbaus der im 30j. Krieg zerstörten Kirche zu sehen. Nach Ansicht der Bürger, die den Krieg überlebt hatten, sollten sie nicht allein die Lasten des Aufbaus tragen, sondern alle in Walsdorf Begüterten sollten herangezogen werden. Das Amt entsprach dem Begehren der Walsdorfer. Obwohl der Schultheiß in Gemeindeversammlungen dreimal die Entscheidung des Amtes bekannt gemacht hatte, tat sich wenig, so dass die Gemeinde sich genötigt sah, die einheimischen und auswärtigen Zahlungsunwilligen pfänden zu lassen. Dorothea Ochs, die wie ihr Bruder Johannes Ebert und ihre Schwester Maria nach 1649 nach Frankfurt am Main verzogen waren, erklärte sich bereit, außer dem festgesetzten Barbetrag „noch ein mehreres beim Kirchenbau, wann selbiger seinen Fortgang soll gewinnen,“ zu tun.

Erklärung der Benennung: Ochs - Düssel´sche Stiftung

Hermann Düssel, auf dessen Testament die Stiftung zurückgeht, starb unverheiratet. In seinem Testament bedachte er u.a. auch Walsdorf und Dierdorf als die Heimatgemeinden seine Eltern. Seine Mutter Henriette Susanna Katharina, geborene Ochs, stammte aus Walsdorf. Sie war eine Tochter des letzten Walsdorfer Schultheißen Ludwig David Ochs.
Die Familie Ochs ist eine alte Walsdorfer Familie, die schon in einer Einwohnerliste aus dem Jahre 1563 verzeichnet ist.
Mehrere Familienangehörige hatten als Landfähnrich oder Veteranenhauptmann Komandoposten im Landsturm inne, und von 1783 bis 1848 waren Johann Philipp und sein Sohn Ludwig David Ochs Schultheißen in Walsdorf. Ludwig David Ochs, der Großvater Hermann Düssels war gleichzeitig der letzte Schultheiß. Nach der Revolution 1848 traten gewählte Bürgermeister an deren Stelle. Adolf Deißmann charakterisiert in seiner handgeschriebenen Chronik Düssels Großvater wie folgt: „Mein alter, verehrter Freund, an dessen Seite ich manche Stunde verlebt habe, wo er mir aus dem reichen Schatze seiner 80jährigen Erfahrung manches Interessante mitteilte, war ein sehr talentvoller Mann, der sich von der niedrigen Bauernhütte seiner Eltern bis zum Sitz im nassauischen Landtag emporgeschwungen hatte, seine Verdienste sehr wohl kennend und deshalb oft, was ich ihm mehrmals verweisen musste und was ihm dann auch immer leid tat, stolz und hart gegen Untergebene, dabei aber von Herzen bieder, treu und gut in langjähriger Regierung der Gemeinde ein entschiedener Vertreter.“
Ludwig David Ochs war als Branntweinbrenner und Bauer, der mit drei Pferden fuhr, einer der reichsten Bürger Walsdorfs. Er wohnte in der Untergasse (heute Nr. 38) und hatte als einziger fließendes Wasser im Hof. Er hatte sich nämlich auf eigene Kosten eine Leitung vom Überlauf des Brunnens an der Kirche zu seinem Hause legen lassen. Er hatte jahrelang die Fischerei im Emsbach gepachtet. Ob er auch auf die Jagd ging, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Sein Sohn Ferdinand, der jedoch schon 1850 mit 29 Jahren starb, ging jedenfalls zur Jagd. Hermann Düssel vermachte nämlich „dem Landgerichtsrat Schmidt von Neuwied als Andenken an seinen Vater das stärkste der vorhandenen Hirschgeweihe, ein ungrader Achtzehnender, geschossen bei Steinfischbach von seinem Onkel Ferdinand von Walsdorf“.
Ludwig David Ochs war zweimal verheiratet, in erster Ehe mit Maria Katharina Großmann von Wörsdorf und in zweiter Ehe mit Susanne Katharina Leichtfuß. Insgesamt hatte er 13 Kinder, von denen ihn aber nur eine Tochter aus erster Ehe und drei Töchter aus der zweiten Ehe überlebten: Hermann Düssels Mutter, deren Schwester Luise, die als ledige Tante nach dem Tode Hermann Düssels die Alleinerbin seines Vermögens war, und Maria Johannette, die mit dem früheren Walsdorfer Pfarrer Büsgen verheiratet war.
Hermann Düssels Vater war fürstlich Wiedischer Kammerrat aus Dierdorf, Westerwald. Auch er war wohl eine angesehene Person, wie dem Testament zu entnehmen ist.
Dort heißt es:  „Seine Durchlaucht, den Fürsten zu Wied, bitte ich zu gestatten, dass das von hochdemselben meinem seligen Vater zur Feier des 50j. Dienstjubiläums verliehene Bild seiner Durchlaucht im Dienstzimmer der fürstlichen Rentei zu Dierdorf eine dauernde Stelle erhalte.“ 

 Wer war Hermann Düssel?

Außer seinem Testament gibt es keine direkten Zeugnisse von ihm, hatte er doch testamentarisch verfügt, dass die Testamentsvollstrecker „alle Briefschaften, Familienpapiere, die Fotografien von Bekannten, alles von mir, meinen Eltern oder meiner Tante Luise Ochs Geschriebene und alles von mir Gemalte, was sich in meinem Nachlass befindet, vernichten“ sollen, „soweit nicht im einzelnen anders darüber verfügt ist oder sie es für angemessen halten, einzelne meiner besseren Bilder für sich zu behalten oder an Bekannte zu geben“.
Er war Landgerichtsrat am Wiesbadener Landgericht. Knapp 50jährig ist er am 19. Februar 1899 in einer Heilanstalt in Falkenstein gestorben. Von einem Schwesterchen, das wohl als Kind verstorben war, ist in dem Testament die Rede. Dem Dienstmädchen seiner Tante Luise Ochs vermachte er nämlich neben Teilen der Wohnungseinrichtung auch die Ölbilder seiner Tante und seines Schwesterchens und eine gerahmte Fotografie seiner Mutter. Außer seiner Tante Luise Ochs, einer ledigen Schwester seiner Mutter, die ihn fast auf den Tag genau 2 Jahre überlebte und als Alleinerbin eingesetzt war, hatte er keine direkten Angehörigen mehr.
Wie oben schon erwähnt, war er Hobbymaler. Folgerichtig hat er auch den Nassauischen Kunstverein Wiesbaden mit einem Legat von 2000 Mark bedacht zur Anschaffung eines eine nassauische Gegend, eine Nassau angehörige Person oder ein der nassauischen Geschichte angehöriges Ereignis darstellenden Bildes.
Auch auf dem Gebiet der Erforschung der nassauischen Geschichte war er als „ungeübter Laie“, wie er sich selbst bezeichnete, tätig. Er arbeitete an einer Geschichte der Herren von Reichenstein. Seine diesbezüglichen Quellenauszüge sollten einem Historiker, wenn sie sich nach seinem Tode noch in seinem Besitz befänden, zur Verfügung gestellt werden. 2.000 M. sah er für das Autorenhonorar und die Herausgabe des Buches vor. Weitere 12.000 Mark, die er dem Nassauischen Verein für Altertumskunde vermachte, sollten für die Herausgabe der Weistümer (= Aufzeichnungen des geltenden Gewohnheitsrechtes) der Grafschaften Wied – Runkel und Wied – Neuwied verwendet werden.

Das Testament

Das Testament umfasst in der Abschrift 44 Seiten und besteht aus zwei Teilen. Das erste wurde 1890 erstellt und nach dem Tode seines Vaters 1893 durch ein zweites ergänzt.
Hermann Düssel war ein vermögender Mann. Im ganzen vererbte er neben den Immobilien 182.000 M. Davon erhielten, da er keine direkten Erben hatte, seine beiden Verwandten väterlicher- und fünf Verwandten mütterlicherseits zusammen 117.000 M.
Der größte Teil der restlichen Summe von 65.000 M ging an Personen, die ihm im Leben nahe standen, an caritative Einrichtungen, je 8.000 M an die ev. Kirchengemeinden in Dierdorf und Walsdorf und, wie schon erwähnt, an den Verein für nassauische Altertumskunde und den nassauischen Kunstverein.
„Was dann noch von meinem Vermögen übrigbleibt“, schreibt er, „sollen je zur Hälfte die Gemeinden Walsdorf und Dierdorf erhalten. In jeder Gemeinde soll eine Stiftung errichtet werden, die zur Erinnerung an meine Großeltern, Eltern und Tante den Namen „Ochs- Düssell`sche Stiftung“ tragen soll.“ Aus dem Ertrag der Walsdorfer Stiftung sollten in erster Linie die Gräber seiner Großeltern Ludwig David Ochs (1779 bis 1857) und dessen Ehefrau Susanne Katharina, geb. Leichtfuß (1787 – 1852), seines Onkels Ferdinand und der kinderlosen Eheleute Ludwig Lehmann und Elisabeth, geb. Leichtfuß, einer Schwester seiner Großmutter, unterhalten werden. Bis 1960, als der vordere Teil des Friedhofs neu angelegt wurde, wurden die Düsselgräber, wie sie genannt wurden, auf Gemeindekosten gepflegt. Er selbst, seine Schwester und seine Tante Luise wurden, wie seine Eltern, in Dierdorf beerdigt.
Im übrigen sollte aus dem Ertrag der Stiftung gegeben werden:
„an bedürftige, fleißige, befähigte und einen guten Lebenswandel führende Personen Unterstützungen zur besseren Ausbildung in einem Beruf (Handwerk oder was sonst.), an arme arbeitsame und sittsame Personen Unterstützungen in Krankheit oder bei Unglücksfällen oder auch im Alter. Unterstützung zur Bekleidung bedürftiger Konfirmanden. Die zu Unterstützenden müssen in Walsdorf wohnhaft sein und es sollen vorzugsweise solche protestantischen Bekenntnisses berücksichtigt werden. Die Verwaltung der Stiftung als eines besonderen Vermögens soll geschehen durch die zur Verwaltung des Gemeindevermögens berufenen Personen nach den Grundsätzen, welche für vormundschaftliche Vermögensverwaltung gelten. Das Kapital soll unversehrt erhalten bleiben. Die Unterstützungen dürfen nicht in der Weise gegeben werden, dass dadurch die Pflichten, welche die Gemeinde oder eine andere öffentliche kommunale oder staatliche Organisation oder welche gewissen Privatpersonen obliegen, diesen ganz oder teilweise abgenommen und aus der Stiftung erfüllt werden. Die Person der zu Unterstützenden und die Höhe der jeweils zu gewährenden Unterstützung soll die Gemeindevertretung – Bürgermeister und Gemeinderat – bestimmen. An dieselbe Familie darf nicht mehr als drei Jahre oder wenigstens erst wieder nach längerem Zeitraum (etwa nach 10 Jahren) gegeben werden. Die Grundstücke anlangend, mögen die Testamentsvollstrecker erwägen, ob es sich nicht empfehlen mag, dieselben vorzugsweise zur Erledigung der Zuwendungen an die Gemeinden Walsdorf und Dierdorf zu verwenden.“
Die Gemeinde Walsdorf nahm die Schenkung an und errichtete eine Stiftung im gewünschten Sinne. Die bare Zuwendung betrug 15.050 Mark. Der Wert der Hälfte der 38 Morgen Land, die der Gemeinde Walsdorf zufielen, wurde mit 10.950 M. veranschlagt. Demnach betrug die Höhe des gesamten Stiftungsvermögens 26.000 M.
„Zum bleibenden und ehrenden Gedächtnis an den Herrn Landrichter Hermann Düssell“ ließ die Gemeinde eine Gedenktafel anfertigen, die jetzt im Sprechzimmer der Stadtverwaltung im Feuerwehrgerätehaus hängt.

 Die Verwendung der Stiftungserträge.

Das Stiftungsvermögen erbrachte eine jährliche Rendite von 530 M Pacht und 520 M Zinsen, also 1.050 Mark. Zusammen mit den 1.750 M Zinsen aus der Livingstonstiftung standen der Gemeinde jährlich 2.800 Mark für die Unterstützung armer und kranker Ortseinwohner zur Verfügung. Wenn man weiß, dass um 1900 ein Konfirmand mit 20 Mark ausgestattet werden konnte, das Pflegegeld in der Heil- und Pflegeanstalt Eichberg jährlich 300 Mark und die jährlichen Verpflegungskosten für das Kind einer ledigen Mutter 100 Mark betrugen, waren 2.800 Mark eine beträchtliche Summe.
Mit diesen Geldern wurden u.a. die Behandlungs- und Arzneikosten für Ortsarme bzw. das Verpflegungsgeld bei Krankenhausaufenthalt bestritten, die Schwesternstation unterstützt, bare Unterstützung gegeben, die Anschaffung von Lehrbüchern für arme Gewerbeschüler finanziert, Beihilfen für die Bekleidung armer Konfirmanden gewährt oder einige Ortsarme das ganze Jahr über mit einem oder zwei Broten versorgt.
Da der weitaus größte Teil der selbständigen Bevölkerung noch keine Kranken- und Rentenversicherung hatte, wirkten die Gelder aus den Stiftungen segensreich. Die Inflation nach dem Ersten Weltkrieg und die Währungsreform nach dem Zweiten Weltkrieg haben das Kapital der beiden Stiftungen bis zur Bedeutungslosigkeit zusammenschrumpfen lassen.

Das Legat an die Kirche

Die beiden evangelischen Kirchengemeinden in Dierdorf und Walsdorf haben, wie oben schon erwähnt, je 8.000 M erhalten. Für Walsdorf bestimmte Hermann Düssel, dass „die Summe zur Ausschmückung der Kirche mit einer neuen Kanzel oder sonst zur Anschaffung eines figürlichen Schmuckes verwendet werden sollte. Auf dem anzuschaffenden Gegenstand sollte die Aufschrift eingeschnitten werden: Gestiftet aus dem Vermögen der Eheleute Wilhelm Düssel, Fürstlich–Wiedischen Kammerrates, zu Dierdorf und Henriette geb. Ochs aus Walsdorf.“
Im Februar 1901 wurde die Kirchengemeinde darüber informiert, dass nach dem Tode von Düssels Tante Luise das Testament des Landgerichtsrates Hermann Düssel in Kraft getreten sei und dass der Kirchengemeinde 8.000 M zugedacht seien.
Bei der Verwendung des Geldes folgte man jedoch nur sehr vage den Vorgaben des Stifters.
Insbesondere setzte sich Pfarrer Huth dafür ein, dass von den 8.000 M 3.000 M zur Anlage eines Pfarrhaus-Neubaufonds verwendet werden dürften.
„Erst nach langem Überlegen und Bitten meinerseits verstanden sich die Testamentsvollstrecker zu dieser Umwandlung“, schreibt er in der Pfarrchronik. Über das Pfarrhaus wurden schon seit längerem Verhandlungen geführt, weil es ebenso wie die Wirtschaftsgebäude in keinem guten Zustand war. Außerdem beeinträchtigte „ein abscheulicher Übelstand“, nämlich der Mist vor dem Nachbarhaus und dem Pfarrhauseingang, was unter den Pfarrern im ganzen Land bekannt war, die Qualität des Hauses sehr. Der Pfarrhausfond gedieh aber nicht recht und wurde 1915 als Kriegsanleihe gegeben. Damit rückte der Neubau eines Pfarrhauses in weite Ferne, was aus heutiger Sicht eindeutig zu begrüßen ist, weil Walsdorf sonst wohl sein markantestes Ensemble verloren hätte
Auch die Ofenanlage , die 1903 in die Kirche eingebaut wurde, wurde aus dem Düsselfond finanziert
Im Frühsommer 1904 wurde dann mit den Hauptarbeiten zur Ausschmückung des Chors begonnen. Dieses Vorhaben verlief jedoch keineswegs reibungslos. Der Unternehmer Franz Weyrich von Camberg hatte die Ausführung aller Arbeiten für den Gesamtpreis von 2.043 M übernommen. Die hässliche Empore im Chor, die 1832 eingebaut worden war, sollte entfernt und das vermauerte Mittelfenster wieder freigelegt werden. Dem Unternehmer war zur „Bedingung gemacht, in erster Linie hiesige Meister zu den Arbeiten heranzuziehen. Dieselben lehnten es aber alle mit Ausnahme des Tünchers Hasselbächer und des Zimmermanns Thiel ab, sich von dem katholischen Franz Weyrich Arbeit in ihrer Kirche geben zu lassen. ... Anstoß erregte es auch, als an der längsten Bühne, welche vorher bis an die Mauer ging, ein Stück abgesägt worden war auf grund der Anordnung des Kirchenbaumeisters, um Raum zu gewinnen für den Ofen und zur Freilegung des betreffenden Fensters.
Als am 4. Januar 1905 die Neuwahl der Hälfte des Kirchenvorstands und der Gemeindevertretung vorgenommen wurde, rächten sich die hiesigen Meister dadurch, dass sie die bisherigen Kirchenvorsteher nicht mehr wählten und in den Kirchenvorstand und die Gemeindevertretung ihre Gesinnungsgenossen hineinbrachten.“
Über die Neugestaltung des Chors berichtet der Pfarrer nur knapp. Die Skizzen zu den Malereien im Chor lieferte der Maler Rauland in Ehrenbreitstein. Die Ausführung derselben lag in der Hand des Camberger Malers Reifenberger. Die drei Fenster im Chor besorgte der Glasmaler Centner in Wiesbaden. Mit keinem Wort wird erwähnt, wer das Motiv für das Hauptfenster auswählte.
Wenn man die Urteile der Pfarrer über die religiöse Situation in Walsdorf im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts liest, besteht zwischen der Auferstehung Jesu, die das Fenster zeigt, und der Glaubenswelt der damaligen Einwohner Walsdorfs eine große Diskrepanz. 1904 schreibt Pfarrer Huth in der Pfarrchronik: „Von 1900 bis 1904 hatten wir durchgängig gute Ernten. Könnte dies doch auch in geistlicher Hinsicht gesagt werden! Es fehlt das Leben aus Gott und für Gott. Es sind nicht viele hier, welche Heilsgewissheit haben und die erlösende und freimachende Kraft des Blutes Jesu preisen können.“
 
„Nachdem die Ausschmückung des Chores vollendet war, wurde zuletzt auch noch aus dem Düsselfond die Orgel nebst Bälgen in Höhe von 485 M gänzlich repariert. Desgleichen wurden die Rosen- und Sträucheranlage und die Umzäunung um die Kirche aus diesem Fond bestritten und die Mauer über dem Brunnen von unten neu aufgeführt.“
Seine heutige Gestalt erhielt der Chor bei der Restaurierung der Kirche im Jahre 1967.Der Kruzifixus wurde an dem neuen Altar angebracht und die beiden anderen Figuren an der Wand dahinter zwischen den drei Chorfenstern. „Alles in allem eine glückliche Lösung“, schreibt Pfarrer Dr. Martin.
Gegenüber den beiden früheren Lösungen, die mir noch bekannt sind, bin auch ich der Meinung, dass die jetzige Anordnung die beste ist. Bis zur Renovierung der Kirch 1934 waren das Kruzifix und die beiden Halbreliefs, die Maria und Johannes unterm Kreuz darstellen, fast unbeobachtet oben auf dem Querbalken an der Decke angebracht. 1934 wurde das Kreuz im Triumphbogen, der den Chor vom Schiff trennt, an handgeschmiedeten Ketten aufgehängt und Maria und Johannes rechts und links vom Triumphbogen. Jetzt wird dem gläubigen Christen sichtbar vor Augen geführt, dass Karfreitag und Ostern als die wichtigsten Ereignisse für seinen Glauben zusammengehören.

Helmuth Leichtfuß

 

 

Frühjahrswanderung

Die diesjährige Frühjahrswanderung des Bürgervereins findet am 18. Mai statt. (Treffpunkt 10:00 Uhr am Friedhof.) Wir wollen diesmal über die Viehhaltung und die sogenannten Viehdriften in unserer Gemarkung informieren, über die jahrhundertelang Schweine, Schafe oder Rindvieh auf die Weide getrieben wurden. Der Rundgang wird etwa 2 Stunden dauern und durch die Gebiete östlich der B8 führen.
Die entsprechenden Flächen sind unten in der Skizze grau schraffiert.
Die Wanderung wird mit einem gemeinsamen Imbiss zur Mittagszeit abgeschlossen.

Redaktion:
Monika Kiesau Te1.6723, Helmuth Leichtfuß Te1.8563, Manfred Wetzel Te1.8141
Internet: www.walsdorf-taunus.de/vereine/