Rund um den Hutturm

Bürgerbrief Nr. 66

August 1996

Inhalt: 

Neues vom Stifter der Livingstonstiftung S.

Rose Livingston - Gründerin des Nellinistifts S.
Die Familie Livingston 
Die Geschwister der Rose Livingston 

Französische Ausdrücke im Walsdorfer Dialekt S.

Das Klostergut in der Walsdorfer Gemarkung S.

Zweierlei Gericht S.

Das Ende des katholischen Klosters Walsdorf S.

Deutschland - das Land der Saubermänner -frauen ? 
Walsdorfer Müllentsorgung

Spezialitäten-Essen des Bürgervereins Walsdorf e. V. S.

Herausgeber Bürgerverein Walsdorf e.V.

 

 

 

 

 

Neues vom Stifter der Livingstonstiftung

Markus Löwenstein, der 1824 in Walsdorf geboren und 1845/46 nach Amerika ausgewandert war und sich dort Marks Livingston nannte, hatte, wie im Bürgerbrief Nr. 43 ausführlich berichtet wurde, 1888 der Gemeinde Walsdorf eine Schenkung von 50.000,- Mark gemacht, deren Zinserträge den Ortsarmen zugute kamen.  Die jüngste Tochter Marks Livingstons, Rose, war unverheiratet und lebte in Frankfurt am Main. Dort hat sie 1913 ein Heim für alleinstehende alte Damen, das Nellinistift, mit einem Kapital von 1.137.380,- Mark gestiftet. Rose Livingston war 1891 zum evangelischen Glauben übergetreten. Frau Hanna Lachenmann vom Frankfurter Diakonissenhaus, dem das Stift angegliedert war, hat im Rahmen einer Vortragsreihe über evangelische Persönlichkeiten in Frankfurt am Main aus Anlaß der 1200-Jahrfeier der Stadt Frankfurt einen Vortrag über Rose Livingston gehalten. Für diesen Vortrag hatte ich ihr die Ergebnisse unserer Nachforschungen über die Familie Löwenstein zur Verfügung gestellt. Frau Lachenmann hat ihrerseits eine Menge Interessantes über die Familie Livingston nach ihrer Rückkehr aus Amerika zusammengetragen und mir freudlicherweise ihren Vortrag zugeschickt. Mit ihrer Genehmigung bringe ich den Walsdorfern die Teile zur Kenntnis, die für sie von Interesse sind.  

H. L 

Rose Livingston - Gründerin des Nellinistifts 

Die Familie Livingston 

Roses Vater war Marks (Marx) John Livingston (Löwenstein). Er war am 29.November 1824 in Walsdorf... geboren und ist am 23. April 1889 in Frankfurt/Main gestorben... Von der Überfahrt, der Ankunft in den USA und den ersten Jahren dort konnte ich fast nichts erfahren. Die Enkelin einer Freundin von Rose Livingston sagte mir, im Bekanntenkreis habe man sich erzählt, Markus habe mit einem Bauchladen angefangen, sich eine Existenz aufzubauen. Feist folgte seinem Bruder nach Amerika, ebenso später auch Löb. Wahrscheinlich hat Markus seinen Brüdern die Überfahrt bezahlt. In Louisville / Kentucky heiratete der vierundzwanzigjährige Markus Löwenstein am 19. Juli 1848 die siebzehnjährige Frances (Franziska),  geb. Marks, die am 17. April 1831 in Herchweiler / Pfalz geboren war.  In Louisville ist die älteste Tochter Fanny 1853 geboren. Der Sohn Josef Leopold, Joe genannt, ist 1856 in San Francisco geboren, die Tochter Rose 1869. In San Francisco änderten die Löwensteins ihren Namen in Livingston. In wenigen Jahren wurden sie Multimillionäre. Wie sind sie in so kurzer Zeit so reich geworden? Im August 1977 erhielten wir einen Brief von Frau Elisabeth Richter aus München. Sie war eine entfernte Verwandte von Rose Livingston... Sie hatte die Zeitschrift des Frankfurter Diakonissenhauses... gelesen, in der ich über Rose Livingston geschrieben und berichtet hatte, ihr Vater sei durch Grundstückshandel Millionär geworden. Frau Richter schrieb:" Ich hörte die Geschichte immer ein bißchen anders. Zwei Brüder wanderten etwa 1846/47 aus und kamen gerade zur Zeit des Goldfundes bei San Francisco recht. Der eine (vielleicht schon mit Frau) blieb in New York, der andere (Marks) ging nach San Francisco weiter. Er benachrichtigte seinen Bruder in New York immer über das, was die Goldgräber am nötigsten brauchten und am meisten wollten, was ihm letzterer so rasch wie möglich schickte - ums Kap herum, damals gab es noch keinen Panamakanal und auch keine transkontinentale Eisenbahn. Vielleicht bediente er sich einer sehr neuen Erfindung, des Telegrafen, für die gegenseitige Verständigung. Da der Notstand bei den Goldgräbern groß war, war es auch der Verdienst, zum wenigsten bei denen, die Gold gefunden hatten. Die Barzahlung bestand oft in Goldstaub und Goldkörnern. Es ist natürlich gut möglich, daß er und sein Bruder den so erworbenen Gewinn dann in Grundbesitz in der sich blitzartig vergrößernden Stadt San Francisco angelegten." Im Jahre 1867 besuchte Marx Livingston seine Heimatgemeinde Walsdorf. Offenbar wollte er sein Unrecht - die Unterschlagung des Verkaufserlöses vom Viehmarkt in Hochheim - wiedergutmachen und hat das auf seine Weise getan... Marx Livingston ist nach seinem Besuch in Walsdorf 1867 wohl wieder nach San Francisco zurückgekehrt. 1870 kamen Marx und Frank (Feist) mit ihren Familien nach Deutschland und ließen sich in Frankfurt am Main nieder. Löb folgte 1876. Als Beruf von Marx Livingston wird "Rentier" angegeben, er lebte also von den Zinsen seines Vermögens... Die Familie Livingston lebte zuerst einige Zeit im Englischen Hof, dann kaufte Marx Livingston die Villa Bockenheimer Chaussee... An Nachbarvillen, die z.T. noch aus dieser Bauzeit stammen, können wir uns vorstellen, wie prächtig damals gebaut worden ist. Als Großbürger brauchten die Livingstons natürlich eine Kutsche und Pferde und also auch eine Remise, einen Pferdestall und eine Kutscherwohnung. Am 22. Juni 1880 bewilligte der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main den Bau eines Pferdestalls mit Remise für die Kutsche und Kutscherwohnung... Da das Grundstück klein war, wurden zwei Geschosse mit Aufzug für die Kutsche gebaut... Es war immer ein schwieriges und zeitaufwendiges Manöver, für eine Ausfahrt die Kutsche aus dem oberen Geschoß zu holen und sie nach dem Abschirren wieder hinaufzutransportieren. Nach dem Tod des Vaters am 23. April 1889 verkauften die Erben den Pferdestall an den Bankier Goldschmidt... Frau Livingston wohnte nach dem Tod ihres Mannes im eigenen Haus in der Nähe ihrer Tochter Fanny. Sie ist am 23. Mai 1909 gestorben. Die Eltern Livingston sind begraben auf dem alten jüdischen Friedhof... Der Grabstein zeigt keine jüdischen Symbole oder keine hebräischen Schriftzeichen. Die Eltern Livingston gehörten vermutlich der jüdischen Reformgruppe im Westend an. Die Grabinschrift lautet: "Das Gedächtnis der Gerechten bleibt im Segen, Sprüche Salomonis 10, 7" 

Die Geschwister der Rose Livingston 

Die Schwester Fanny ist am 14. Mai 1853 in Louisville geboren. Sie hat Sanitätsrat Dr.med Salomon Herxheimer... geheiratet. Er war der erste Facharzt für Hautkrankheiten in Frankfurt am Main und leitete eine Klinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten... Zur Erinnerung an ihren am 12. August 1899 verstorbenen Ehemann gründete sie die "Sanitätsrat Dr.Salomon Herxheimersche Stiftung" mit einem Kapital von 100.000,- Mark zur unentgeltlichen Behandlung von bedürftigen Hautkranken. Ihre Mutter Frances Livingston hat in ihrem Testament 20.000,- Mark für diese Stiftung bestimmt. Fanny ist am 22. Mai 1922 in Fankfurt/Main gestorben...  Der Bruder Josef Leopold (Joe) Livingston, geboren den 9. Februar 1856 in San Francisco, hat die Geschäfte der Familie geführt und hat später in ein reiches Bankhaus in den USA eingeheiratet. Er kam mehrmals nach Frankfurt und wohnte dann bei Fanny Herxheimer... Die Geschwister haben trotz äußerer und innerer Entfernung zusammengehalten. Als Rose zum christlichen Glauben konvertierte, gab es wohl eine Zeit der Trennung, die aber später überwunden wurde. 

Hanna Lachenmann

 

 

Französische Ausdrücke im Walsdorfer Dialekt

So wie sich heute der Vorrang der Weltmacht USA in Wirtschaft, Wissenschaft und teilweise auch der Kultur in der Sprache ausdrückt und immer mehr englische Bezeichnungen Eingang in das Deutsche finden, so war das Französische mindestens vom Zeitalter des Absolutismus an für lange Zeit in Europa kulturell bestimmend. Entsprechend finden sich auch in unserem Dialekt noch eine Reihe französischer Ausdrücke, die aber, so habe ich den Eindruck, mehr und mehr in Vergessenheit geraten und außer Gebrauch kommen. Das hat zum Teil damit zu tun, daß es die Sachen, die sie bezeichneten, nicht mehr oder nur noch sehr selten gibt, wie beispielsweise das Kanapee oder auch Kost und Logis (Wohnung). Im folgenden stelle ich eine Reihe französischer Ausdrücke zusammen, die in meiner Jugend noch häufiger gebraucht wurden und z.T. auch heute noch verwandt werden. 

Bagasch (frz. bagage) = Gepäck Gebräuchlich in der Wendung: "Die komme met de ganze Bagasch", womit im übertragenen Sinn der ganze Anhang gemeint ist. Das Wort hat meist einen abfälligen Sinn. Menschen mit einem geringen sozialen Ansehen werden als "Bagasche" bezeichnet. 

Billjett (frz. Billet) = Fahrschein Bei den Eltern meiner Generation war "Billjett" die gängige Bezeichnung für die Eisenbahnfahrkarte.

Bredullje (frz. Bredouille) Wenn einer"in der Bredullje" ist, befindet er sich in einer schwierigen Lage. Bei dem französischen Brettspiel Tricktrack ist der Spieler in der bredouille, der keinen Punkt hat, während sein Gegner 12 erzielt hat. 

kampieren (frz. camper) = zelten, sich kurz aufhalten Der Bedeutungsgehalt des Wortes ist in unserem Sprachgebrauch ein wenig anders. Wenn jemand irgendwo campiert, wohnt er unter primitiven Verhältnissen.

kupieren (frz. couper) = schneiden. Hunde oder Pferde, deren Schwanz gestutzt wurde, sind cupiert. 

Kupee (frz. coupe)  Früher war es die übliche Bezeichnung für ein Eisenbahnabteil, jetzt für ein Auto mit sportlicher Karosserie. 

Kulör (frz.couleur) = Farbe. Wenn ein empfindliches Kleidungsstück nicht vorsichtig gewaschen worden war, hieß es:"das hat die ganz golör verloren", womit nicht nur gemeint war, daß etwa die Farben verblaßt waren, sondern daß es auch die Fassong (frz. Facon) verloren hatte. 

Kurasche (frz.courage) = Mut.  "Der hat Kurasch" ist eine hohe Anerkennung. 

Kamesol (frz.Camisole) = Jacke. Dieser Ausdruck wurde häufig in der Wendung gebraucht: " der hat auch nur einen Rock und ein Kamesol". Mit Kamesol wurde aber auch der sog. blaue Wams der Arbeiter und Bauern bezeichnet. 

Kanallie (frz.canaille) = Schurke, Schuft Lump. Wer einen Hang zu bösen Taten hatte, wurde "Kanallie" tituliert. 

schassen (frz.chasser) = jagen, verjagen. In mehrfachem Sinn gebraucht, auch mit unterschiedlicher Betonung. Z.B. mit langem a: die Hühner aus dem Garten schaßen; mit kurzem a: jemand wurde aus einer Stelle oder von der Schule geschaßt. 

Chaussee (frz. chaussee) = Fahrdamm, Straße. Die geteerte Straße von Frankfurt nach Köln, die heutige B 8, war im allgemeinen Sprachgebrauch die "Chaussee". Dort gingen die Walsdorfer sonntags spazieren. Die geschotterten oder unbefestigten Straßen zu den Nachbardörfern waren Wege: der Escher Weg, der Würgeser Weg, der Wallrabensteiner Weg und der Wörsdorfer Weg. Nach Steinfischbach oder dem ausgegangenen Alsdorf führten nur Pfade. Eine Ortsstraße war eine Gasse. Das Wort Straße gab es im Dialekt nur für eine alte Römerstraße, z.B. die Hohe Straße, in Walsdorf auch als Flurbezeichnung. 

verdefendieren (frz. defendre) = verteidigen. Eine Kombination aus der deutschen Vorsilbe ver- und dem französischen Verb defendre, das an Verben wie amüsieren oder desertieren angeglichen wurde, hat die gleiche Bedeutung. 

Depesche (frz. depeche) = Telegramm.  Wenn jemand "en Depesch" bekam, bedeutete das meistens nichts Gutes. Telegramm setzte sich erst nach dem Kriege durch. 

Dußwitt (frz. tout de suite) = sofort. Ein kleiner Dußwitt ist ein flinker, gewitzter Junge.

Filu (frz. filou) = Gauner. Unter "Filu" verstand bzw. versteht man einen gerissenen, schlitzohrigen Menschen.

malad (frz. malade) = krank. Wenn jemand krank oder erschöpft war, konnte er sagen: "Ich bin malad"

malträtieren (frz. maltraiter) = mißhandeln. Sog. Schinder haben Menschen oder auch Tiere malträtiert.

Order (frz. Ordre) = Befehl, Auftrag. "Örder kriegen" war ein anderer Ausdruck für eine Nachricht bekommen.

Paraplü (frz. parapluie) = Regenschirm. Alte Bezeichnung für "Schirm".

partu (frz. partou) = überall. Gebräuchlich in Wendungen wie: "er will partu nichts davon hören; die will partu mit denen nichts zu tun haben." Partu hat die Funktion einer Verstärkung. 

Pläsir (frz.plaisir) = Vergnügen, Freude, Gefallen. Im Sinne dieser Bedeutung gebraucht: "Laß ihm doch sein Pläsir". Bekannt ist das Wort auch in der Verbindung: "Jedes Tierche hat sei Pläsirche".

Plümo (frz. plume) = Feder. Plümo ist ein veralteter Begriff für ein Federbett.

Portepee (frz. Porte-epee) = Degengehänge. Jemanden am Portepee fassen, bedeutet soviel wie ihn an der Ehre fassen.

Visasche (frz. visage) = Gesicht. Umgangssprachlich im abwertenden Sinne für Gesicht gebraucht.

Wiesawie (frz. vis-a-vis) = gegenüber. Gebräuchlich in der Wendung: "Da stehst de machtlos wiesawie" visetieren (frz. visiter) = besuchen, aufsuchen, durchsuchen Wenn ein Kind in Verdacht stand, etwas genommen zu haben, konnte es passieren, daß ihm "die Säckel visetiert" wurden. 

Helmuth Leichtfuß 

 

 

Das Klostergut in der Walsdorfer Gemarkung

Bei den alten Stock- und Lagerbüchern im Ortsarchiv werden auch drei Exemplare aufbewahrt, in denen die Äcker, Wiesen und Gärten des ehemaligen Klosters in der Walsdorfer Gemarkung verzeichnet sind. Es handelt sich um Vermessungen aus den Jahren 1757 und 1860. Auf dem Deckblatt des älteren Buches heißt es: "Dieses Buch ist verfertigt worden und geschrieben im Jahr Christi 1757 durch Johann Christian Müller. Die Hubing von dem Klostergut ist gemessen worden durch das hiesige Feldgericht, namentlich Herrn Fändrich Ochs, Peter Aulmann, Johann Martin Jeckel und Johann Daniel Rüger und zwar mit der Rute von 10 Schuh und der Schuh zu 10 Zoll." 40 Ruten waren ein Sadel (= Saatteil) und 4 Sadel ein Morgen. Nach dieser Messung umfaßte der Gesamtbesitz des Klosters einschließlich der gemeinen brauchbaren und unbrauchbaren Stücke in der hiesigen Gemarkung 344 Morgen, 3 Sadel, 4 Ruten und 1 Schuh. Die Neuvermessung im Jahre 1860 nahm der Geometer Künkel von Oberems vor. Dabei wurde der Morgen zu 100 Ruten und die Rute zu 100 Schuh gerechnet. Das ergab die Gesamtsumme von 496 Morgen, 45 Ruten und 17 Schuh. Wenn man die gesamte Fläche in Schuh umrechnet, kommt man zu vergleichbaren Ergebnissen. Bei beiden Messungen ist jede einzelne Parzelle in ihrer Lage in der Gemarkung und ihrer Breite und Länge beschrieben. Außerdem wird jeder Erbleihbesitzer bzw. Eigentümer benannt wie auch die Inhaber der jeweiligen Nachbargrundstücke.  Da vor der ersten Konsolidation (= Flurbereinigung) in Walsdorf Ende der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts noch kein ausgebautes Wegenetz die Flur durchzog, wurden die sog. "Mistwege" für die einzelnen Abteilungen der Gemarkung genau beschrieben. Es war festgelegt, wer die Überfahrt zur Ausbringung des Dungs dulden mußte. Für den Mistweg im Mittelfeld hieß es z.B. "muß gelitten werden vom Kloster die Hälfte und vom Fleckengut die Hälfte". 7 Wege werden im einzelnen beschrieben, und zwar der Mistweg obig dem Escherweg, zu der Au, nach der Beun, durch die Haustert, hinterm Großen Garten, durch das Pfaffenstück und die alte Hohl hinauf. Bei der Aussaat half man sich so, daß das Feldgericht den Termin bestimmte, von dem an mit der Arbeit an den äußersten Grundstücken an der Gemarkungsgrenze begonnen wurde, damit bestellte Äcker durch Überfahrten nicht mehr beschädigt wurden. Auch die Abfahrt von Heu und Grummet war geregelt. So ist 1757 z.B. festgehalten: "Die Fahrt nach dem Seifen hinterm Gebück auf dem Klingen müssen die Äcker, die auf das Gebück stoßen, leiden, das Heu und Grummet herauszufahren; aber vor der Zeit und nach der Zeit ist kein Weg dahin." 

Nach der Zerstörung und Auflösung des Klosters im 30jährigen Krieg wurde das Klostergut zunächst durch die Herrschaft in Idstein an sog. Hofleute verpachtet. Im Jahre 1707 wurde es an 20 Walsdorfer Bürger in Erbleihe vergeben, "daß diese dasselbe von nun an beständig für sich und ihre Erben innehaben, benutzen, nutzen und genießen mögen".  Als Pacht hatten die sog. Erbbeständer jedes Jahr auf Martini "an guter, sauberer und marktfeiler Frucht dem jedesmaligen Klosterkeller zu liefern an Korn 94 Limburger Malter (= 272 Ztr, 30 Kg.), an Weizen 8 Limburger Malter (= 24 Ztr, 40 Kg.) und an Hafer 20 Limburger Malter (= 36 Ztr.)  Das gesamte Walsdorfer Feld war im 18. Jahrhundert eingeteilt in das Graßfeld und Heide, das Escherwegfeld und Rittelfeld, das Mittelfeld und das gute Feld. Die Wiesen lagen im Emsbachtal, im Helkofen und im Färberbachtal. Nachstehend wird der Besitz des Klosters in den einzelnen Gemarkungsteilen, aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Fluren, nach dem Stand von 1757 aufgeführt. 

                                                      Morg.   Sad.   Rute   Schuh
Graßfeld
Kleines Graß                                    5         -          3        1
Großes Graß                                    6         1       26         7
Auf der Eselsweide ob.d.Straße   7        1       38         4
Mühlstück                                       4        1       38         2
Gesamt:                                           23        -        26         4
Heide                                                4        3       13         8
Escherwegfeld
Höhlenstück                                    2        1       18         4
In der Au                                         5        -        16         1
Watzacker                                        -         1       15         5
Obig dem Escherweg                     1        2       12         7
Schlehengraben                            32        3         4         7
Kellerstücker                                   5         1       21         3
Gesamt:                                          60         -         3          -
Rittelfeld
Auf dem Läushübel                        1        -          8         1
Beckersgraben                                 8        -         20        4
Auf der Warth                                  2       1        14         8
Gesamt:                                            11       2          3         3
Mittelfeld
Im Loch                                             3        3       34         4
Auf dem Junker                               5        2        24         7
Auf der untersten Hohl                17        -         11        5
Margraben                                       5        3        34         -
Auf den Weiden                              -        3          9        8
In den Baumstücken                        8       2        35        4
Im Furtweg                                        4       -         39         6
Im Häringsstück                               2       1        26         2
In der Haustert                               26       1          6         2
Auf dem Klingen                           13       3        17         6
Gesamt:                                           88       3        39         4
Gutes Feld
Patersacker                                      1        3       35          1
Kappesgarten                                 1        2         9          2
Pfaffenstück                                    9        1       26         7
Hinterm Großen Garten                 4         1       32          -
Osterlazei                                         9        3       27          -
Säunagel                                         2         -         9          2
Im Bruder Jakobsstück                 3         3       29          8
Im Kalenstück                              19         -       11          2
Auf dem Margraben                     8         2      30           3
An Michelsbaum                          5         3         5          9
Auf der alten Hohl                      10         3       23          8
Im Boden                                        5         3       32          5
Am Hasenberg                               8         1      17           1
Gesamt:                                         90          -      14           7
Wiesen
Hinterm Turm und Hostert          1          1        9          1
Unterster Brühl                             3           1       3          9
Oberster Brühl                              4           -      14          5
Stoppelwiese                                2           -      35          3
Eichwiese                                      6          -       13          4
Liebheck                                      10          -       11         7
Auf dem Mühlgraben                  8         3      22          8
Die Ochsenwiese                          -         -         8          3
Sauerwiesen                                  9        -        34          2
Bruchwiese                                   4        -          -            -
Stockwiese                                    1        2        11         5
Pflasterwiese                                 1       1        20          5
Klingenschlag                              2        1        33          9
Gesamt                                        54        2        19          1
Gärten
Höhlengarten                               2        3       18          8
Bachgarten                                   1        -        39         1
Hopfengarten                               -        1        31         4
Gesamt                                          4        2          9         3

Helmuth Leichtfuß

 

 

Zweierlei Gericht

Im Jahre 1676 wurde in Idstein vielen angeblichen Hexen und Hexenmeistern der mit Foltern verbundene und mit dem Tode endende Prozeß gemacht. Am Ende dieses Jahres gerieten zwei Walsdorfer in einen Streit, der auch leicht beim Hexengericht hätte landen können. Es handelte sich um Christian Zeiger (1619 bis nach 1687) und Hans Philipp Weygand (1647 bis nach 1698). Weygand sollte in Camberg behauptet haben, Zeigers Frau habe ihrer eigenen Tochter Maria Elisabeth zwei Kinder verhext und so getötet. Wir wissen, daß ihr erstes Kind Hans Philipp 1670 geboren und nur ein Jahr alt wurde. Vom zweiten, Johann Michael, kennen wir nur das Geburtsjahr 1672. Sollten diese Anschuldigungen zutreffen, dann bestand für das am 5.2.1672 geborene dritte Kind Anna Barbara Todesgefahr, falls Großmutter und Mutter weiter in Unfrieden lebten. Aber auch für die Großmutter war die Lage wegen der Schwere der Beschuldigung gefährlich, kam man doch in diesem Jahr deswegen leicht vor das Hexengericht. Doch neben diesem Sondergericht gab es im Idsteiner Schloß noch das normale Gericht des Oberamtes. Hier erstattete nach längerem Streit Zeiger Anzeige. Mit solcher Art Streit hatte dieses Gericht schon genügend Erfahrung. Es lief nun ein Verfahren ab, wie es auch heute üblich ist. Beide Parteien wurden am 30. 1. 1677 vorgeladen und befragt. Zeiger konnte nicht beweisen, daß die Aussage gemacht worden war, und Weygand bestritt sie. Da der entscheidende Punkt, der Beweis, fehlte, tat das Gericht das, was bei ihm schon seit Jahrzehnten in solchen Streitfällen üblich war: es versöhnte die Streithähne, die sich darauf die Hände gaben. Da es keine Schuld gab, entfiel eine (Geld-)Strafe. Das 17zeilige Protokoll des Oberamts Idstein über diesen Fall lautet im Original:  "den 30. Jan. 1677. Demnach Christian Zeyger von Walsdorf contra Hanß Philipp Weygandt daselbsten eine Zeitlang umb deswillen in Streit und Uneinigkeit gelebet, daß dieser zu Camberg geredet haben solle, seine Frau hätte ihrer Tochter 2 Kinder verhext und umbs Leben gebracht; So hat man doch die partes (=Parteien) dahin verglichen, indem Kläger sein Ahnbringen (=Vorwurf) nicht allerdings erweisen kann, Beklagter auch solches beständig verneinet, daß sie sich miteinander gütlich verglichen und der Beklagte dem Kläger die Handt gegeben und sich erkläret, daß er von seiner Frau und den Seinigen nichts anders als Ehr und Guts zu sagen wüste, womit sie alle beyden zufrieden gelegt und die Sache amtswegen aufgehoben worden."

Quellen: HStAW 133 IX Amtsprotokolle 1677. H. Leichtfuß, Ortssippenbuch Walsdorf Nr. 1899, 1955, 1957.

Gerhard Buck

 

 

Das Ende des katholischen Klosters Walsdorf

Zweimal fand dieses Kloster sein Ende: zunächst in der Reformationszeit als katholische Einrichtung, dann als evangelische endgültig im 30jährigen Krieg. Wann und wie der Übergang zum Protestantismus stattfand, läßt sich nicht mehr im einzelnen rekonstruieren. Auf jeden Fall erfolgte er spät und langsam - nicht eher als 45 Jahre, nachdem 1517 Luther seine Thesen veröffentlicht hatte. In dieser Zeit wurde das Kloster in wichtigen Dokumenten regelmäßig als eines "vom St. Benediktusorden" bezeichnet. Aus Quellen unterschiedlicher Art läßt sich mosaikartig ein Bild seiner letzten katholischen Jahrzehnte erarbeiten. (1) Die nur für die 1540er Jahre erhaltenen Klosterrechnungen erwähnen bei den Ausgaben für die Kirche Weihrauch und Thymian sowie Heiliges Öl. Heiligenbriefe und Rosenkränze wurden gekauft und 1549 "12 crucifix an die paternoster" (= Rosenkränze). Für wen die Schleier gekauft wurden, ist nicht ganz klar. Oft wurden sie für die Mägde besorgt ("Den Knechten für Hosentuch und den Mägden für ihre Schleier 3 Gulden.") Die geistliche Betreuung der Nonnen während dieser andernorts bewegten Zeit erfolgte durch einen einzigen Pater, der im Kloster seine "Kammer" hatte. Vor 1525 wurde vom Abt des Klosters St. Matthias zu Trier, der der "geistliche Vater" des Nonnenklosters war, der Pater Johannes von Braubach geschickt. Er war 1505 in das Kloster Gronau eingetreten und wirkte mit dem Titel "Pater" in dem entscheidenden Jahr 1562 noch in Walsdorf. Noch lange wurde der Erzbischof von Trier, in dessen Diözese die Grafschaft Idstein lag, vom Kloster, aber auch vom Grafen und seiner Regierung als "Ordinarius und oberster geistlicher Vater" (1554) anerkannt. In den hierzu erhaltenen Dokumenten geht es nur um finanzielle Fragen, um Steuern, die für das Reich und das Erzbistum eingezogen wurden. Walsdorf war willig, sie zu bezahlen, und verspätete sich wie andere dabei. Vor allem wegen der immer wieder ausbrechenden Kriege wurde Geld benötigt. Für die Kontributionen, die Trier für sich erhob, wurden 1552 (zweimal), 1554, 1556 und 1564 Landtage einberufen. Die Äbtissin von Walsdorf wurde dabei zu den dem Erzbischof unterstehenden Würdenträgern gerechnet, die zu erscheinen hatten. 1554 sollte sie zwar nach dem Willen der Idsteiner Regierung keinen Vertreter entsenden, aber als eine Zahlungsaufforderung kam, verfaßte der Graf selber die Antwort: sie seien ihrem Ordinarius zu gehorchen wohl bereit, bäten aber wegen Armut um Erlaß. Der Erzbischof forderte trotzdem die Zahlung, und als in nächsten Jahr diese und andere Gelder eingefordert wurden, war Idstein zwar zur Zahlung bereit, bat jedoch wieder wegen Armut um Erlaß. Die Rechtmäßikeit des trierischen Anspruchs wurde nicht bestritten. Dabei wurden nicht nur Kriegskontributionen verlangt, sondern auch die Gelder, die aus Anlaß der Einsetzung eines katholischen Erzbischofs zu zahlen waren. Sie hatte bereits 1547 stattgefunden. Da aber hohe Reichssteuern zu bezahlen waren, hatte der Erzbischof die Forderung öfters verschoben. Jetzt wurde den Säumigen sogar die Exkommunikation angedroht, was nur Wirkung zeigen konnte, wenn das Kloster Walsdorf noch katholisch war. 
Erst gegen Ende 1555 trat der Idsteiner Graf selbstbewußter auf. Vielleicht stand er dabei unter dem Einfluß des am 25.11.1555 verabschiedeten Augsburger Religionsfriedens, der ihm als Landesherrn die Entscheidung in der Glaubensfrage zusprach. Zunächst bat er am 12.12. nur um Verschonung und bezeichnete sich als Landes-, Schutz- und Schirmherrn des Klosters. Am 29.12. aber instruierte er seinen Gesandten, er solle "das Nichterscheinen des Klosters entschuldigen und darauf hinweisen, daß demselben diese Forderung zu erlassen sei, da es von Graf Philipp, in dessen unmitelbarer Obrigkeit es läge, beschützt werde." Damit stellte er deutlich die Rechtsposition heraus, in der die nassauischen Grafen sich hier seit 1350 befanden. Möglicherweise befürchtete der Graf, daß der Trierer Erzbischof über seine geistliche Stellung politische Vorteile für sein kurfürstliches Territorium zu gewinnen suchte. Im benachbarten mehrherrischen Amt Camberg war er in dieser Zeit erfolgreich dabei, einen kleinen Anteil an der Macht in eine führende Rolle zu verwandeln. Die Protestanten mußten das 1552 erstmals spüren, als sie von dort vertrieben wurden. Aus vergleichbaren Befürchtungen heraus legte Nassau wohl von 1551 bis 1561 "etliche Reisige zur Beschützung des Klosters" nach Walsdorf. Damit wollte man verhindern, daß Trier hier Reichssteuern einzog, die die Nonnen 1548 und 1549 noch gezahlt hatten.  Zu den Reichssteuern gehörte z. B. die Türkensteuer, die für die Kriege gegen das Osmanische Reich erhoben wurden. Wie 1540 und 1545 ging sie auch 1557 und 1558 nach Idstein entgegen der Forderung von Trier, wo sie in Höhe von 10 Prozent auf alle Güter und Einkünfte beschlossen worden war. Daß es sich hier nur um finanzielle Differenzen handelte und das Kloster Walsdorf in dieser kritischen Zeit der katholischen Sache treu blieb, zeigte sich auch, als die Nonnenklöster Affolderbach und Klarenthal durch die Reformation ihr Ende fanden. 1544 gab der Erzbischof von Trier seine Zustimmung, daß das Kloster Affolderbach bei Miehlen dem Kloster Walsdorf inkorporiert wurde, d.h., daß dessen gesamter Besitz Walsdorf übertragen wurde.  Nonnen gab es in jenem Kloster nicht mehr. Zur Begründung wurde gesagt, daß in Walsdorf Äbtissin und Nonnen "trotz der schweren Zeit andächtig Gott dienen, die kanonischen Stunden begehen und die Ordensregel beobachten." Als 1559 in Klarenthal bei Wiesbaden das klösterliche Leben zu einem Ende kam, gingen zwei Nonnen von dort in das Kloster Walsdorf. Außer ihrer ganz persönlichen Habe wie Kleidung, Bettzeug und Schüsseln nahmen sie auch Kirchenkleinodien mit. Darunter waren Rosenkränze, eine kleine silberne Monstranz, verschiedene Kleidungsstücke für Marienstatuen, also Gegenstände, die nur zu einem katholischen Gottesdienst passen. Die Grafen Philipp II. und III. von Nassau-Wiesbaden-Idstein förderten mit beiden Maßnahmen den Fortbestand des Walsdorfer Klosters als katholische Einrichtung, obwohl sie sich gleichzeitig immer mehr der Reformation zuwandten. In den 40er Jahren übernahmen Protestanten die Pfarrstellen, so auch in Walsdorf. Etwa zwei Jahrzehnte lang wurden hier in den beiden Kirchen die katholische Messe für das Kloster und der lutherische Gottesdienst für den Flecken gefeiert. Falls das Grafenhaus gewollt hätte, daß auch das Kloster protestantisch würde, hätte es 1555 eine Möglichkeit zur Änderung der religiösen Verhältnisse gehabt. Die bisherige Äbtissin war gestorben. Priorin und Konvent baten Graf Philipp II. (den Älteren), als Landes- und Schutzherr bei der Wahl der Nachfolgerin zu helfen. Er nutzte die Chance nicht, sondern beließ mit der Ernennung seiner Tochter Margarete zur Äbtissin alles beim alten. 
Im Kloster selber bestand auch wohl kein starker Drang zur Änderung. Neben heute nicht mehr feststellbaren religiösen Überzeugungen stand dem auch die soziale und wirtschaftliche Lage der Nonnen entgegen. Fast alle stammten aus den Adel und waren von ihren Verwandten hier untergebracht worden, versehen mit gewissen Einnahmen oder Abfindungen. Dieses Geld war Eigentum des Klosters. Auf ihr Erbe hatten sie verzichtet. Bei einer Auflösung des Klosters wäre ihre Zukunft unklar und unsicher gewesen. Eine Auflösung wurde von seinem Schirmherrn Graf Philipp III. (1558 - 1564) auch nicht verfügt, als er 1562 diese letzte Insel des Katholizismus in seiner Grafschaft beseitigte. Am 16.12.1562 schrieb er aus Wiesbaden an seine Beamten in Idstein, daß ihnen bekannt sei, daß "wir das Wort Gottes lauter und rein in unserer Grafschaft vermög der Augsburgischen Konfession predigen lassen, wir auch ernstlich wollen, daß demselbigen also mit Ernst und Fleiß nachgesetzt und die Messen und andere abgöttische Werke durchaus abgeschafft werden." Daher habe er ihnen bereits befohlen, sich zu den Nonnen zu begeben, um "sie von ihrem Irrtum abzuweisen." Seine Beamten scheinen dort auf Ablehnung gestoßen zu sein; denn nun befahl er ihnen, den Pater des Klosters, Johann von Braubach, zum 18. 12.nach Idstein vorzuladen, "um ihm diesen unseren Befehl, daß er sich der Messe und aller derselben anhängigen abgöttischen Werke gänzlich enthalten" solle, mitzuteilen. Bei der Gelegenheit sollten sie dem Pater eine "Postille" übergeben, die der Graf gekauft hatte. Daraus sollte er sonntags dem Konvent vorlesen, da er zum Predigen "nicht geschickt" war. Dieser Befehl scheint durchgesetzt worden zu sein. Zwar wurde am 30.1.1563 in einer Erbregelung noch vom Kloster des St. Benediktusordens gesprochen. Aber der Text wurde von einer nassauischen Nonne verfaßt, die sich nach dem Tode ihres gräflichen Bruders in Dillenburg aufhielt. Wegen der Bedeutung des Dokuments wurde noch die alte, nur bei wichtigen Texten geschriebene Formel benutzt. Die sich anbahnende Veränderung in Walsdorf war der Nonne wohl nicht klar. Danach wurde der Hinweis auf den Benediktinerorden nicht mehr gegeben. 1566 übernahm Graf Balthasar (1564 - 1568) die Formel, die früher der Erzbischof von Trier benutzte: er nannte sich "Ordinarius des Klosters" und dokumentierte damit die Übernahme von dessen Stellung. 1608 tauchte diese Formulierung noch einmal auf, als sein dritter Nachfolger als Graf davon sprach, daß er "als ordentliche Obrigkeit kraft Satzung des Heiligen Reichs das ius ordinarii" über das Kloster habe, d.h., daß ihm als evangelischem Landesherrn auch die Kirche unterstand. Nur der genannte Brief vom 16.12.1562 berichtet sicher vom Religionswechsel im Kloster Walsdorf. Die einzige andere Darstellung in Johannes Mechtels "Pagus Logenahe" (nach 1623 verfaßt) ist wegen vieler offenkundiger Fehler nicht brauchbar. Spätere fehlerhafte Übersetzungen und Abschriften sorgten für weitere falsche Darstellungen. Dazu gehört leider auch Deißmanns Text in seiner Klostergeschichte (S. 69 - 72). (2) 
Durch sein Verbot der Messe wollte Graf Philipp III. das Kloster zu einer evangelischen Institution machen. Um mehr scheint er sich nicht gekümmert zu haben. Seine Schwester Margarete war bis zu ihrem Tode 1596 Äbtissin. Die Nonnen blieben bis auf eine im Kloster. (Die 1498 geborene Maria von Solms-Braunfels verließ 1561/62 "aus wichtigen - wohl persönlichen - Gründen" das Kloster.) Auf die religiösen Überzeugungen der Nonnen scheint kein Druck ausgeübt worden zu sein. 1629 berichtete die Verwaltung in Idstein, es habe im Kloster Walsdorf ein langsamer Glaubenswechsel stattgefunden. Zunächst hätten hier Lutheraner und Katholiken zusammen gelebt. 

Anmerkungen: (1) Alle Ouellen in W. H. Struck, Quellen zur Geschichte der Klöster d. IV, 1962; (2) Abschrift des "Pagus Logenahe": HHStA Wiesbaden 3004/A13. Übersetzung: Lauer, Fasti Cambergenses; ebd. 3004/A155; (Druck: F. Motyka / U. Lange, Die Camberger Chronik "Fasti Cambergenses"; Bad Camberger Archivschriften 1, 1987). Abschrift und Kritik von Mechtel: M. Zieper, Zur Ehrenrettung des Grafen Balthasar; Nass. Heimatbl. 29 (1928)

Gerhard Buck

 

 

Deutschland - das Land der Saubermänner -frauen ? 
Walsdorfer Müllentsorgung 

Ich gehe an einem kleinen Wäldchen vorbei und frage mich:  "Wieso liegt da kein Müll drin ?" Die Antwort ist einfach: Es ist zu unwegsam gelegen. Ein kleines Feucht-Biotop (die "Bloo Kreid"), hinter dem Friedhof, am Wegrand zwischen Walsdorf und Esch, hatte nicht so viel Glück: Der geteerte Weg, geradezu eine Art Parkplatz und Abladerampe hinunter ins Gebüsch, ein Zaun, (nach Ansicht vieler, wohl nur da, um Unfälle am Hang zu vermeiden) und ein einladendes Schild, "Schutt abladen verboten" rufen dort dazu auf, den Umstand, seinen Schrott irgendwie umweltgerecht entsorgen zu müssen, bequem und vor allem billig zu umgehen. Es ist schon ein böses Zeichen, daß ich mich nicht mehr frage, "Wieso liegen (in Einzelteile zerlegt) fast vollständige Autos, Badezimmer und Betten in der Natur herum?", sondern mir stattdessen überlege, warum es in dem anderen Gebüsch nicht so ist! Vor vielleicht 5 Jahren habe ich als Knirps zusammen mit einer Jugend-Umweltgruppe genau an diesem Ort den Dreck der faulen Müllentsorger aus den Sträuchern rausgeholt und das Schild bzw. den Zaun aufgestellt. Heute erkenne ich, daß wir damit wohl nur diesen alten oder neuen Umwelt- "Ferkeln" Platz und Sicherheit für die An- und Ablage neuer Schrottberge geschaffen haben! Ich denke manchmal mit Schaudern und einer gehörigen Portion Scham an dieses Wäldchen und vor allem auch an diese Mitbürger: Wenn noch nicht einmal Walsdorfer oder Bewohner unserer Nachbardörfer, also Menschen, die doch noch in einer relativ intakten Natur wohnen, wenn noch nicht einmal "wir" ein Gefühl dafür haben, ob Müll nun in den Wald oder auf die Kippe gehört, was soll man da von den in Großstädten aufwachsenden Kindern erwarten ... ?

Esther Wetzel 

 

 

Spezialitäten-Essen des Bürgervereins Walsdorf e. V. 

Alljährlich veranstaltet der Bürgerverein Walsdorf ein Spezalitäten - Essen. In diesem Jahr gab es am 16. März etwas ganz Besonderes.Frau Cerci - eine türkische Mitbürgerin - hatte sich bereit erklärt, Gerichte aus ihrer Heimat zuzubereiten. Das war kein leichtes Unterfangen! Die türkische Küche ist nämlich nicht nur gehaltvoll - um nicht zu sagen üppig -, sondern auch sehr aufwendig und arbeitsintensiv. Frau Cerci stellte dem Aktuellen Arbeitskreis des Bürgervereins die Speisenfolge vor und plante mit dessen Mitgliedern die organisatorische Durchführung dieses Vorhabens. Es bedurfte wirklich intensiver und genauer Planung, um ein solches Essen für ca. 65 Personen zuzubereiten, zumal die Küche eines Normalhaushaltes und schon gar nicht die Küche des Pfarrhauses für so etwas zugeschnitten ist. Beim Einkauf der meist original türkischen Zutaten wurde Frau Cerci von ihrem Mann und Frau Evi Volkmar unterstützt. Beim Zubereiten der Speisenhalfen ihr zwei türkische Freundinnen und einige Frauen aus dem Verein. Schon eine Woche vorher wurden stundenlang Mengen von "Mante", das ist Nudelteig mit Hackfleisch gefüllt, hergestellt und anschließend tiefgefroren. Der gehaltvolle Nachtisch Baklava und Apfeltaschen mußten auch schon zwei Tage vor dem Spezialitäten-Essen gebacken werden. Am Tag des Essens selbst gab es noch sehr viel Arbeit, die von Frau Cerci sowie ihren Helferinnen und Helfern zu leisten war. Der Raum der Pfarrscheune - in den türkischen Nationalfarben rot - weiß geschmückt - war bis auf den letzten Platz besetzt. Die Gäste warteten gespannt auf die kulinarischen Besonderheiten. Fladenbrot, Käse und sauer eingelegtes Gemüse sollten zunächst den Appetit anregen. Als Vorspeise wurden Mante mit drei verschiedenen Soßen gereicht. Der Hauptgang bestand aus mit Hackfleisch gefüllten Auberginen, Reis und Salat. Nach diesem üppigen Gericht wurde Rake ( türk. Schnaps ) serviert. Zum Nachtisch gab es Baklava ( Blätterteig mit Walnußfüllung ), Apfeltaschen und dazu natürlich türkischen Mokka. Der türkische Weiß- und Rotwein mundete vielen Gästen. Frau Cerci und ihr Mann freuten sich sehr, als die Gäste ihre Begeisterung über das wohlschmeckende und reichhaltige Essen zum Ausdruck brachten. Bei angeregter Unterhaltung saß man bis weit nach Mitternacht zusammen. Dieses Spezalitäten-Essen war ein schönes Ereignis, das bei einigen Gästen vielleicht die Erinnerung an einen Urlaub in der Türkei aufleben ließ und anderen die fremdländische Küche näherbrachte und damit vielleicht auch die Menschen, die schon einige Zeit unter uns leben. 

Monika Kiesau

Redaktion:
Monika Kiesau, Helmuth Leichtfuß, Manfred Wetzel